Medellin - Vom Famous Criminal zum Hipster Heaven
Medellin – noch vor 15 Jahren war die
Stadt eine der gefährlichsten der Welt. Und wenn wir nochmal 15
Jahre zurückgehen, war es vielleicht die gefährlichste überhaupt.
Allerdings hatte uns jeder Traveller den wir getroffen haben erzählt,
dass Medellin seine Lieblingsstadt zumindest in Kolumbien war. Was
sollten wir also erwarten ? Wir wussten es nicht genau, aber das, was
wir dann vorgefunden haben, hatten wir auf jeden Fall nicht erwartet.
Aber von vorne: Wir hatten uns
entschieden die 6 Stunden von Salento nach Medellin mit dem Bus zu
fahren. Angesichts der Schmerzen und des Muskelkaters, den uns Pietro
Lomboardi mit seinen s.....üßen Pferden verpasst hatte, hatte ich
schon die größten Befürchtungen für die Busfahrt. Aber als wir
die erste Stunde nach Pereira hinter uns hatten und in den
Doppeldeckerbus gestiegen sind, waren meine Ängste verflogen. Die
Sitze waren so weich und ließen sich fast in Liegeposition
zurückklappen, es gab sogar einen „Steward“ der Decken verteilte
und immer mal wieder Snacks angeboten hat. Bis jetzt war das der
gemütlichste Bus, in welchem wir gefahren sind. Und zu sehen gabs
auch wieder einiges. Unglaublich viele Kaffeeplantagen und saftiges
grün garniert mit Plamen und Bananenplantagen wohin das Auge auch
blickte.
In Medellin angekommen gings dann mit
dem Taxi zu unserem Hipsterhotel, dass die Anne gefunden hatte. Super
stylish und gerade erst eröffnet war es das beste Hotel/Hostel, dass
wir bis jetzt hatten und das allerbeste, es war trotzdem in der
gleichen Preisklasse wie unsere anderen Hostels:) Nachdem wir
eingecheckt hatten und uns über das weiche Bett (Muskelkater)
gefreut hatten, machten wir uns auf den Weg die Umgebung zu erkunden.
Es war schon spät und wurde schon langsam dunkel, weswegen ich etwas
besorgt war, aber angeblich sollte es auch bei Dunkelheit safe sein.
Ein ganz neues Gefühl. Nachdem wir die ersten Meter zurückgelegt
hatten, fielen uns schon die ersten kleinen Restaurants auf, die ganz
schön eingerichtet waren und wir waren extrem erstaunt. Aber erst
als wir in die erste Querstraße einbogen, kamen wir aus dem Staunen
nicht mehr heraus. Ein Hipsterrestaurant/Cafe/Laden am nächsten.
Wären da nicht die grünen Inseln mit Palmen und Bambus gewesen,
hätte ich geschworen ich wäre nach Shoreditch oder Berlin-Mitte
teleportiert worden. Es ist glaube ich schwer nachzuvollziehen wie
überrascht wie waren, hatten wir doch 2,5 Monate nichts auch nur
annährend ähnlich „stylishes“ gesehen. Und dann sowas in
MEDELLIN ???
Da es langsam mal wieder Zeit war etwas
zu essen und uns angesichts der ganzen Restaurants eh schon das
Wasser im Mund zusammenlief, standen wir nun vor der schwierigsten
Aufgabe: Wo sollten wir einkehren? Am Ende entschieden wir uns für
ein Restaurant mit verstecktem Eingang. Man musste erstmal eine Tür
finden und dann klingeln. Haben wir gerade so geschafft und wurden
mit einem super eingerichteten Restaurant mit super leckerem
mexikanischem Essen belohnt. Als dann die Rechnung kam, war ich mir
wieder sicher, dass wir nicht in London oder Berlin waren. Die Preise
waren für Kolumbien (wahrscheinlich) etwas höher, aber für uns
immer noch ziemlich niedrig.
Zurück im Hotel haben wir dann erstmal
nich ein wenig die Tischtennisplatte bearbeitet und dann gings ins
Bett. Am Nächsten morgen sind wir dann mit einer Mission
aufgestanden: Einen neuen Laptop kaufen. Unser bisheriger Acer
Convertible hat, nach nichtmal 3 Monaten, entschieden immer mehr oder
weniger direkt nach dem Start wieder auszugehen. Wir konnten gerade
noch alle Fotos und Dokumente auf der Festplatte speichern, was aber
auch unzähliger Versuche in Anspruch nahm. Das Drama hatte schon in
Salento begonnen und ließ sich trotz intensiver Internetrecherche
nicht lösen. Also wenn jemand sich überlegt einen Acer Laptop zu
kaufen: TUT ES NICHT !
Aber bevor wir uns auf zur Mall begeben
haben, war erstmal Zeit für Frühstück. Wieder eine schwere
Entscheidung, aber im ausgewählten Cafe gabs dann große Portionen
für kleines Geld und wieder alles super lecker, vor allem der
Kaffee. OH MEIN GOTT, der Kaffee. Ich wünschte mir schon fast, dass
wir nach Medellin nach Hause fliegen würden, da ich dann meine
Klamotten hiergelassen hätte (und auch den scheiß Acer Laptop) und
nur Kaffee mitgenommen hätte. Das hat uns bei jedem Frühstück
begleitet. Das Essen war überall super, aber der Kaffee war noch
besser !
Gut gestärkt entschieden wir uns zur
größten Mall in Medellin zu laufen (!) und nach 30 sonnigen
(sprich: heißen) Minuten Buggel nuff Buggel nunner waren wir dann
auch endlich da.
Erstmal in ein Warenhaus, das von der
Farbgebung Ähnlichkeit mit unserem Ex-Arbeitgeber hatte und dann
dort in die Elektronik Abteilung. Der Verkäufer war leider des
Englischen nicht mächtig, aber glücklicherweise gab's WIFI und wir
konnten uns mehr oder weniger gute Infos über die Modelle ergooglen.
Trotz dieser Infos und der begrenzten Auswahl hat es über 2 Stunden
gedauert sich für einen Laptop zu entscheiden. Am Ende ist es ein
ASUS Laptop ohne Touchscreen, aber dafür mit sehr geringem Gewicht
geworden. Hoffen wir mal, dass das Geld besser investiert ist, als in
den Acer, den wir jetzt trotzdem mit uns rumschleppen müssen, da wir
ja dann hoffentlich das Geld wieder bekommen, wenn wir den in
Deutschland einschicken. Sonst geh ich persönlich bei Acer vorbei
und...Pisser!
Zurück im Hostel war es erstmal Zeit
den Laptop in Betrieb zu nehmen und während der sich Update um
Update gezogen hat, haben wir halt Tischtennis oder Billard gespielt.
Super Hostel, dass wir da hatten, wirklich:)
Abends dann wieder die Qual der Wahl –
wo sollen wir hinhipstern um was zu essen? Diesmal gabs peruanisch.
Wieder super lecker und einfach super schön eingerichtet.
Zurück im
Hostel haben wir dann direkt um eine Nacht verlängert und mal
gefragt obs auch irgendwo in der Nähe Yoga gibt. Die Antwort: Ja
klar, um 9 Uhr im 9. Stock, umsonst. Große Überraschung
unsererseits, aber ok, nehmen wir:)
Leider konnten wir am nächsten Morgen
das Angebot nicht direkt in Anspruch nehmen, da wir schon um 9.45 Uhr
am Treffpunkt für die Real City Tour Medellin, eine Free Walking
Tour von 3,5 Stunden, sein mussten. Wir haben schon viel gehört über
die Tour und die Bewertung bei Tripadvisor war auch überragend, aber
sie war noch besser als gedacht.
Das Konzept dahinter ist schon super.
Man wird raus aus dem Gringoviertel hinein nach Downtown Medellin
gebracht. Eben in das „echte“ Medellin. Und da sieht man dann
auch, dass Medellin doch eine Südamerikanische Großstadt ist. Das
Gewusel, die Hektik und das Gefühl etwas achtsamer sein zu müssen
war wieder da. Allerdings fehlte zum großen Teil der Müll und auch
die Gestalten dort waren nicht ganz so „komisch“ wie z.B. in Bogota
oder Quito.
Wir hatten einen super Guide namens
Juan (wie er betone mit J nicht mit K?!), der schon nach 10 Minuten
alle Namen unserer knapp 20 Mann Gruppe auswending konnte. In
insgesamt 11 Stopps gings durch die Altstadt zu schönen Plätzen
aber auch zu Plätzen, die wie Juan sagt „die Locals auf den Karten
durchstreichen und sagen: Geht da nicht hin, zu gefährlich.“ Ums
vorwegzunehmen, es war nicht gefährlich, nur manchmal eben anders,
aber eben „real“. So war unser letzter Stopp im Parque Bolivar,
indem man Leuten begegnen kann die gerade Crack nehmen, Klebstoff
schnüffeln oder kiffen, während auf der Bank danaben Rentner alles
beobachten und an der anderen Ecke Mütter mit Ihren Kindern Ball
spielen. Und mittendrin sitzt eine Gruppe Gringos und hört ihrem
Gudie zu wie es war in den 90ern in Medellin aufzuwachsen (schlimm :
seine zwei Onkels wurden gekidnappt, 6 seiner Freunde wurden
erschossen und er selbst wurde angeschossen) oder was er über Narcos
denkt (gut produziert, aber furchtbar den „famous criminal“ bzw.
„der dessen Name nicht genannt werden darf“ auch nur ansatzweise
als wohltätigen Menschen hinzustellen und außerdem sind sowieso nur
ca. 15 % der Serie wahr und dazu noch aus CIA/USA Sicht geschildert).
Aber nochmal zurück zum Anfang. Juan
erklärte, dass es keine Tabuthemen gebe, man alles fragen könne,
aber bei Fragen zu Pablo bitte nicht seinen Namen verwenden, sondern
eben vom „famous criminal“ sprechen, da es sein könnte, dass
Locals den Namen hören und denken, wir würden gut von ihm sprechen
oder ihn gut finden und dann daran anstoß nehmen könnten.
Botero darf natürlich auch nicht fehlen, ist er doch in Medellin geboren |
Die 3,5 Stunden vergingen wie im Flug.
Nicht unbedingt weil wir so viel gelaufen wären, sondern weil Juan
bei jedem Stopp aber auch zwischendrin immer wieder Geschichten über
Medellin oder Kolumbien erzählte. So haben wir mehr über die
historische Geschichte Medellins erfahren, genauso über die neuere
politische Geschichte, die mit Präsident Uribe (wieder bitte nur mit
Nickname „ The iron fist“) begann bis hin zur kolumbianischen
Mentalität und dem selektiven Gedächtnis („Warum vergessen wir
eine Granate, die von diesem Balkon geworfen wurde und 6 Menschen
getötet hat?“) Super kurzweilig und interessant. Wir haben auch
etwas Neues über Papayas gelernt: in Kolumbien gibt es das
Sprichwort: Don't give someone papaya or he will take it.“ Papaya
bedeutet in diesem Sinne soviel wie Gelgenheit, also wenn du jemandem
die Gelegenheit gibst, Dir etwas (weg)zunehmen, bist du selbst
schuld. So gabs dann auf der Tour verschiedene Papaya-Levels (1-4) ,
je nachdem wie gut wir auf unsere Sachen achten sollten. Ist aber
bei niemandem irgendwas weggekommen:)
Neue Statue gestiftet von Botero nach dem Anschlag |
Zerbombte Statue als Erinnerung an den Anschlag |
Da die Tour schon so früh begonnen
hat, war eigentlich noch der ganze Nachmittag Zeit um die Stadt
weiter zu erkunden. Wir haben uns dafür entschieden mit der Metro zu
einer der Gondelstrecken zu fahren, die das Medellin im Tal mit den
ärmeren Vierteln am Berg verbindet.
Medellin ist die einzige Stadt in
Kolumbien, die eine Metro hat. Aber nicht nur das, die Stadtplaner
haben auch an die ärmern Viertel gedacht und mehrer Seilbahnen zu
den am Hang liegenden Vierteln gebaut, sodass die Bewohner dort für
70 Cent und in weniger als 45 Minuten in die Stadt kommen können.
Laut unserem Guide Juan ein Grund, warum die Kriminalität
zurückgegangen ist; auch diese Menschen fühlen sich integriert,
fühlen sich als ein Teil dieser Stadt.
Oben angekommen entschieden wir uns mit
der nächsten Gondel, die gleich neben der Endhaltestelle der Ersten
beginnt, über die Bergkuppen hinweg zu einem Naturschutzgebiet zu,
Achtung:, gondeln:D
Da oben war es unglaublich idyllisch,
gute Luft, viel Ruhe und ein kleiner Markt auf dem Essen und
Kundthandwerk verkauft worden ist, sowie ein kleiner Pop-Up Stand mit
extrem guten Kaffee (man kann schon ein Muster hier erkennen;)
Nachdem wir 2 Studen in der Sonne entspannt haben war es Zeit die
ganze Reise wieder zurück zu machen (Gondel-Gondel-Metro)
Dann
gings für mich wieder zum Barber. Ich könnte mich echt dran
gewöhnen, alle 3-4 Wochen meinen Bart und meine Harre wunderschön
gestuzt zu bekommen, und das für 4-5€.
Zurück in unserem Viertel angekommen,
wieder das gleiche Spiel: Restaurant suchen und enjoy.
Am nächsten Morgen wars dann endlich
soweit, wir konnten den Yoga Service unseres Hostels nutzen. Auch
wenn die Lehrerin nicht wirklich Englisch gesprochen hat und man in
Kolumbien anscheinend auch mal mitten in der Stunde in Shawasana
verfällt um dann wieder den Puls in ungeahnte Höhen zu treiben,
wars einfach schön mal wieder ein bisschen mehr Sport zu machen.
Nach einem guten Frühstück
entschlossen wir uns mehr über die Geschichte Medellins im Casa
Memoria Museum zu erfahren. Das Museum ist ziemlich neu (2013) und
sehr interaktiv. Leider ist, wie bei vielen Museen hier, das meiste
nur auf Spanisch angeschrieben, was es für uns echt anstrengend
macht, nach den 3-4 Worten zu suchen, die wir verstehen und daraus
dann den Sinn des Textes zu rekonstruieren. Aber es war trotzdem sehr
interessant auch wenn ich keinen Vortrag über die Geschichte
Medellins halten wollen würde;)
Der nächste Tag war dann schon unser
letzter und es war Zeit sich von Medellin zu verabschieden. Das taten
wir wieder mit einer Yoga Session und dann einem ausgiebigen
Frühstück mit so viel von so gutem Kaffee, dass es mir wirklich
sehr schwer gefallen ist, einigermaßen ruhig am Tisch zu sitzen:)
Ich sags nochmal, ich hätte mir am liebsten meinen Rucksack nur mit
Kaffee vollgemacht, wenn man den nicht so schlecht anziehen könnte.
Zum Glück hatten wir schon am 2. Tag unser Flugticket nach Cartagena
gebucht, ansonsten wäre die Versuchung sehr groß gewesen noch
länger in Medellin zu bleiben.
Wir waren wirklich extrem positiv von
dieser Stadt überrascht und sind gespannt, wie Medellin sich
weiterentwickeln wird. Wahrscheinlich wird das nicht unser letzter
Besuch in unserem Leben gewesen sein.
Jetzt sind wir wieder am Meer, an der
Karibik um genauer zu sein und sind gespannt was uns in Cartagena so
erwartet.
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